Bereits 2012 hatten wir einen ersten Blick auf die deutschstämmigen Youtube Formate geworfen, die hierzulande neues Interesse wecken sollten. Das Konzept wurde aus den USA übernommen und von Anfang an dabei waren zum Beispiel der Sender RTL mit “Heartbeat Berlin” und Motorvision. Weitere Titel waren angekündigt, doch was ist aus den einst ehrgeizigen Projekten geworden?
Ziel des Ganzen war es, Themen aufzugreifen, die in den gängigen Medien noch unentdeckt sind oder nur geringfügig behandelt werden. Youtube respektive Google selbst sieht sich nicht als Konkurrenz der Fernsehsender oder Zeitungen, vielmehr als moderner Nischenspezialist mit großem Publikumspotential. Dahinter steckt eine Menge Organisation und vor allem das Prinzip Aufmerksamkeit zu erregen. Wir hatten bereits die Channels Ponk (erleben gerade einen Restart), Onkel Bernis Welt, Zqnce (gesprochen sequenze) und Boneless kurz vorgestellt, die allesamt noch mehr oder weniger aktiv sind. So tauchen bei Boneless neue Beiträge nur alle paar Wochen auf und erreichen auf der Beliebtheitsskala grade mal 60.000 bis 100.000 Klicks, selten darüber. Dagegen trumpfen die anderen Teilnehmer gelegentlich mit echten Hits auf, wie zum Beispiel „How Animals eat their food (Part 2)“ aus Onkel Bernis Welt mit über 8.000.000 Klicks, was leider seinen Charme verliert, wenn man bedenkt, dass die Show nur abgekupfert ist von MisterEpicMan, die mit dem Original über 95.000.000 Aufrufe erreichten.
Happy News statt Drama Nachrichten
Eine interessante Option beruht darauf bekannte Genres neuartig zu präsentieren, so wie es der Kanal „Was geht ab!?“ jetzt auf die Beine stellt. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich hierbei um ein eher jugendorientiertes Programm. Mediakraft, eins der größten Youtube-Netzwerke, konzentriert sich mit diesem Channel auf trendig vorgetragene Short-News. Kürzlich wurden die Details auf einer Pressekonferenz vorgestellt.
Mittlerweile werden regelmäßig Shows veröffentlicht – unterteilt in verschiedene Kategorien wie Happy News, Flash News, Was zum F, Background Checks und mehr. Bemerkenswert ist die mangelnde Seriosität, die durch ausgefallene Beiträge und Informationen wett gemacht wird. Nützlich? Weniger. Unterhaltsam? Sehr. Ein bisschen wird man an Logo für Halbwüchsige erinnert, mit allerhand Klischees und nervigem Drumherum. Die ursprüngliche Idee, Nachrichten auf moderne, hautnahe und authentische Art zu präsentieren klang definitiv vielversprechend, doch statt umfangreich recherchierten Themen veranschaulichen die Clips zumindest ungeahnte Hintergrundspecials und eine Reihe Dinge-die-man-nicht-wissen-muss. Schaden tut’s aber auch nicht. Und so beteiligen sich gar Stars und Sternchen wie LeFloid, der bereits mit dem Channel LeNews vorgelegt hat, und AlexiBexi sowie die SpaceFrogs. Die Moderatoren sehen sich nicht als Nachrichtensprecher, sondern vielmehr als Anlaufpunkt für Nutzerfragen. Hier stehen nicht Themen für die Welt im Vordergrund, stattdessen markante Highlights, die sonst am TV Abend vorbei rauschen würden. Für ein wochentäglichen Auftritt gehört natürlich auch eine Menge Arbeit dazu, daher hat Mediakraft eigens einen Newsroom in Berlin eingerichtet, der Recherchezwecken dienen soll. Angeblich sollen sich die Nachrichten auf Sekundärquellen stützen und eigene Meinungen erstmal außen vor lassen. Die flotten Clips kommen bisweilen richtig gut an bei Youtube Usern, ähnliches gilt für den nebenbei geschalteten Nerdkanal Techscalibur. Leider fehlt auch hier bisweilen die Überzeugungskraft – statt sinnvollen Tipps und Mehrwert gibt es minutenlanges Geplänkel auf ganz toll gemacht.
Die Möglichkeit Clips direkt zu kommentieren eröffnet wiederum neue Ideen für weitere Beiträge. Hitzige Diskussionen und ehrliches Feedback sollten bei der Weiterentwicklung der Channels Einfluss nehmen können. So ist das Team immer nah dran, vielleicht nicht direkt am Geschehen, dafür umso näher am Publikum.
Dies will sich auch Motorvision zu nutzen machen und warb nun zum Voting für den MIRA Award 2014 – der ersten Auszeichnung für außergewöhnliche Leistungen im Pay-TV in Deutschland. Dafür hat der Kanal sich richtig rausgeputzt und sein Repertoire im Vergleich zu den letzten Jahren erweitert. Testberichte, Events und Lifehacks rund ums Auto mischen nun mit. Hier geht es um knallharte Fakten, spektakuläre Shows und professionelle Beiträge über die Standardberichterstattung hinaus.
Leider reichte es zur Verleihung des MIRA Awards am 23. Januar dann doch nicht aus.
Motorvision ist exemplarisch für jene medienübergreifende Formate, die sich ergänzen statt zu konkurrieren. Wie prophezeit will Google den anderen Branchen keinen Rang ablaufen, aber Randgebiete andersartig gestalten und einer heranreifenden Generation Publikum nah bringen. Ein effektiver Mehrwert für neugierige Gemüter und vielseitige Unterhaltung auf neuem Niveau – wesentlich persönlich, nur eben etwas abseits der Brisanz. Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich auf jeden Fall!
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